[News] Neue Kulturgeographie 2023
Carstensen-Egwuom, Inken
Inken.Carstensen-Egwuom at uni-flensburg.de
Tue Aug 30 18:16:24 CEST 2022
Liebe Kolleg*innen,
im Rahmen der Tagung Neue Kulturgeographie in Halle/Saale am 26.-28. Januar 2023 möchten wir eine Sitzung zu Perspektiven auf "Postkoniale Stadt" veranstalten - und wir freuen uns hierbei über Vorschläge für Kurzbeiträge aus den feministischen Geographien!
Der Call ist im Anhang und außerdem hier in die Mail eingefügt.
Schickt Eure Zusendungen (Abstracts maximal 1 Seite) bitte bis zum 25. September 2022 an Sybille Bauriedl (sybille.bauriedl at uni-flensburg.de<mailto:sybille.bauriedl at uni-flensburg.de>) und Inken Carstensen-Egwuom (Inken.Carstensen-Egwuom at uni-flensburg.de<mailto:Inken.Carstensen-Egwuom at uni-flensburg.de>). Sehr willkommen sind auch work in progress-Beiträge von jungen Wissenschaftler*innen.
Viele Grüße,
Sybille Bauriedl
Inken Carstensen-Egwuom
Call for Papers für die Session
Postkoloniale Stadt:
Urbane Transformationen der Gegenwart im Kontext kolonialer Verhältnisse
Menschen in Europa - insbesondere in europäischen Großstädten - beanspruchen einen zu großen Anteil der global verfügbaren Ressourcen und der Regenerationsfähigkeit der Erde. Die imperiale Lebensweise der europäischen Wohlstandsgesellschaft basiert auf dieser permanenten Einverleibung von Rohstoffen und Arbeitskraft aus dem Globalen Süden (Brand/Wissen 2011) und produziert soziale und globale Ungleichheit (Moore 2015). Trotz des Wissens um die vielfältigen sozialen und ökologischen Krisen in Folge dieser Überbeanspruchung und die reduzierte Lebensfähigkeit von Menschen und Ökosystemen in vielen Regionen der Erde hat sich bisher kein konsequentes, krisenminimierendes Gerechtigkeitsverständnis entwickelt. In der politischen Praxis europäischer Städte privilegieren Transformationsstrategien überwiegend die Bedürfnisse, Selbstverständlichkeiten, Normalitätserwartungen und Logiken weißer Menschen (vgl. "nachhaltige, grüne, smarte Stadt"). Entsprechend produzieren Transformationsprozesse in europäischen Städten weiterhin intersektionale und globale Ungerechtigkeiten und verschärfen sozial-ökologische Krisen.
In der Sitzung wollen wir einerseits diskutieren, in welcher Weise postkoloniale Verhältnisse global solidarische Krisenbewältigungen behindern und anderseits ergründen, in welcher Weise aus wissenschaftlicher Perspektive an solchen Gerechtigkeitsbewegungen (mit)gearbeitet wird, bzw. werden kann. Was können wir in der Arbeit an sozial-ökologischen Transformationen durch eine Auseinandersetzung mit Kolonialität aus post-/dekolonialen Perspektiven lernen? Was können Ansätze wie racial capitalism oder Black geographies zu dekolonialen Interventionen in der (Kultur)geographie beitragen?
Europäische Städte und davon ausgehende globalen Verflechtungen sind ein aufschlussreicher Forschungsraum, um die Ursachen globaler Krisen zu verstehen. Mit Rückgriff auf das Konzept der 'Contact Zone' von Marie Louise Pratt (Pratt 1991) zeigte Noa Ha die Relevanz der europäischen Stadt für die Herstellung kolonialer Verhältnisse, die bis heute wirksam sind (Ha 2013), und Jane Jacobs analysierte anhand von London die imperialen Nostalgien und den Kampf diasporischer Gruppen im imperialen Zentrum (Jacobs 1996). Verschiedene Autor*innen haben aus dekolonialer Perspektive die Zusammenhänge der Produktion von Stadt und Rassismus verdeutlicht (Ha/Picker 2022; Zwischenraumkollektiv 2017) außerdem betont Anthony King die machtvollen Geographien der Kolonisierung in Verbindung mit der Entwicklung urbaner Zentren (King 2006). Diese postkoloniale Sicht auf europäische Städte bietet vielfältige Hinweise zum Verständnis globaler Krisen, wird jedoch in der Stadt- und Transformationsforschung kaum zur Kenntnis genommen. Gurminder Bhambra, die programmatisch eine reparative wissenschaftliche Arbeit fordert (Bhambra 2022), weist in diesem Zusammenhang auf die häufig vorhandene Kompliz*innenschaft wissenschaftlicher Konzepte mit eurozentrischen und kolonialen Selbstverständlichkeiten hin.
In der Sitzung wollen Gelegenheit für vielfältige Positionen zu postkolonialen Städten bieten (ca. 10min Inputs) und in der zweiten Hälfte ausführlich konzeptionelle und empirische Konsequenzen für eine kulturgeographische Forschung diskutieren. Inputs sind unter anderem zu folgenden Fragen gewünscht:
· Wie können urbane Konflikte um sozial-ökologische Transformationen im Kontext kolonialer Verhältnisse verstanden werden?
· Welche Selbstverständlichkeiten von Transformationsstrategien und -praktiken sind aus postkolonialen Perspektiven kritisch zu betrachten?
· Wie können (auch) gerechtigkeitsorientierte Transformationskonzepte und Widerstandspraktiken mit Blick auf koloniale Verhältnisse reflektiert werden (Tuck/Yang 2012)?
· Welche pluriversalen Wissenssysteme und Praktiken (Kothari et al. 2019) ermöglichen die Überwindung kolonialer Vorstellungen urbaner Transformation?
· Wie könnte eine geographische Stadt- und Transformationsforschung aussehen, die koloniale Normalitäten und Logiken analysiert und sich ihnen gleichzeitig widersetzt?
· Wie sollte eine reparative Sozial- und Kulturgeographie aussehen, die ihre eigenen kolonialen Perspektiven auf urbane Transformationsprozesse kritisch reflektiert?
· Welche intersektionalen Bündnisse und Allianzen sind denkbar und umsetzbar für eine postkoloniale (Stadt)Forschung?
Referenzen:
Bhambra, Gurminder K. (2022): For a reparatory social science. In: Global Social Challenges Journal 1 (1): 8-20.
Brand, Ulrich, Wissen Markus (2011): Sozial-ökologische Krise und imperiale Lebensweise. Zu Krise und Kontinuität kapitalistischer Naturverhältnisse. In: Demirovic, Alex, Dück, Julia, Becker, Florian, Bader, Pauline (Hrsg.): VielfachKrise im finanzdominierten Kapitalismus. Hamburg: VSA, 78-93.
Ha, Noa K. (2013): Perspektiven urbaner Dekolonisierung. Die Europäische Stadt als 'Contact Zone'. In: Sub\Urban 2(1): 27-48.
Ha, Noa K.; Picker, Giovanni (2022): Introduction: Rethinking the European urban. In: Noa K. Ha und Giovanni Picker (Hg.): European cities. Modernity, race and colonialism. First published. Manchester: Manchester University Press.
Jacobs, Jane (1996): Edge of Empire. Postcolonialism and the city. London, New York: Routledge.
King, Anthony D. (2006): Postcolonial Cities, Postcolonial Critiques. In: Berking etal. (Hg.): Negotiating Urban Conflicts. S. 15-28.
Kothari, Ashish; Salleh, Ariel; Escobar, Arturo; Demaria, Federico; Acosta, Alberto (Hg.) (2019): Pluriverse. A post-development dictionary. New Delhi, India: Tulika Books.
Pratt, Mary Louise (1991): Arts of the Contact Zone. In: Profession 33-40.
Tuck, Eve; Yang, K. Wayne (2012): Decolonization is Not a Metaphor. In: Decolonization: Indigeneity, Education & Society 1 (1): 1-40.
Zwischenraum Kollektiv (Hg.) (2017): Decolonize the City! Zur Kolonialität der Stadt - Gespräche, Aushandlungen, Perspektiven. 1. Aufl. Münster: Unrast.
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Dr. Inken Carstensen-Egwuom (she/her)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
AG Integrative Geographie
Europa-Universität Flensburg
Institut für Umwelt-, Sozial- und Humanwissenschaften
Abteilung Geographie
Auf dem Campus 1
Gebäude OSL, 486
24943 Flensburg
Tel: 0461 - 805 2731
E-Mail: inken.carstensen-egwuom at uni-flensburg.de<mailto:inken.carstensen-egwuom at uni-flensburg.de>
Die Geschlechtszugehörigkeit von Menschen kann weder vom Aussehen noch von Namen verlässlich abgeleitet werden. Gerne können Sie mir mitteilen, wie ich Sie ansprechen soll und mich darauf hinweisen, wenn ich Fehler mache. / Gender identity is neither to deduce by appearance nor by name. Please tell me how you want to be addressed and inform me where I make mistakes.
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