[News] Wissenschaftsfreiheit
S. Bauriedl
sybille.bauriedl at uni-flensburg.de
Tue Jun 1 17:39:50 CEST 2021
Liebe Kolleg*innen,
ich leite Euch sehr gerne ein Initiative weiter vom Forum Antirassismus
Medienwissenschaften.
Dass die angekündigte website eine sehr ähnliche Adresse hat wie das
antifeministische Netzewerk von Sandra Kostner etc., ist kein Zufall.
Viele Grüße,
Sybille Bauriedl
Aufruf zur ERSTUNTERZEICHNUNG: WISSENSCHAFTSFREIHEIT
Liebe Kolleg*innen, liebe Freund*innen, liebe Weggefährt*innen,
wie Ihr vielleicht gesehen habt, wird aktuell vom selbsternannten
„Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ eine Debatte angetrieben, in der ein
Verständnis von Wissenschaftsfreiheit zirkuliert, mit dem wir nicht
einverstanden sind. Ohne uns zu sehr am Netzwerk abzuarbeiten, haben wir
eine Position erarbeitet, die ein anderes Verständnis von
Wissenschaftsfreiheit erläutert und den Begriff damit reclaimed:
Wissenschaftsfreiheit als Freiheit von Diskriminierung, von Ausschluss
und Prekarisierung. Lest selbst:
Wir sind ein Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich aktiv
für Wissenschaftsfreiheit einsetzen. Wir verstehen Wissenschaftsfreiheit
als einen Prozess der Erweiterung an Wissenschaft teilzuhaben und damit
bedeutet Wissenschaftsfreiheit auch Ermöglichung: von Forschung, von
Lehre und von Räumen kritischer Auseinandersetzung über jenes System
Wissenschaft, dessen Funktionieren auch auf Diskriminierung,
Prekarisierung und Ausschluss beruht.
Die Universität ist historisch ein Ort, an dem in besonderer Weise Macht
und Wissen zusammenkommen. Daraus geht eine besondere Verantwortung
hervor und ein Anspruch auf Wissenschaftsfreiheit kann diesen Ort nicht
als unschuldigen Ort verteidigen oder unbefragt lassen. Denn
Wissenschaftsfreiheit ist vor allem durch bestimmte historisch
gewachsene Verhältnisse von Macht eingeschränkt, deren Strukturen und
Wirkweisen wenige Menschen, Perspektiven und Geographien bevorzugen. An
vielen Orten kämpfen sowohl Wissenschaftler*innen als auch ganze
Disziplinen um ihr Überleben. Gerade die Wissenschaft besitzt jedoch das
Instrumentarium und damit die Aufgabe, die Grenzen der Freiheit von
Wissensproduktion sichtbar zu machen und an der Verschiebung dieser
Grenzen zu arbeiten. Aus unserem Verständnis von Wissenschaftsfreiheit
heraus fragen wir also danach, welcher vermeintliche Begriff von
Freiheit darin eigentlich gesetzt ist, wenn diese Freiheit noch nie für
alle galt. Auch fragen wir danach, wer in welcher Form Objektivität
behauptet und einsetzt, um an einer Deutungshoheit der Wenigen
festzuhalten. Wir glauben, dass Wissenschaftsfreiheit dazu beitragen
kann, Universitäten nachhaltig vielfältiger, kritischer und
solidarischer zu gestalten.
Wissenschaftsfreiheit stellt für uns folglich die Basis für
Aushandlungsprozesse dar. Diese Aushandlungsprozesse können und müssen
in der Wissenschaft stattfinden, wenn Wissenschaft ihrem eigenen
Anspruch nachkommen will, allgemeingültiges Wissen zu schaffen – Wissen
von und für Viele - und sich dabei beständig selbst zu reflektieren.
Erst dadurch kann sich dem Ideal der Wissenschaftsfreiheit angenähert
sowie gewährleistet werden, dass sich Wissenschaft nicht von aktuellen
Entwicklungen entkoppelt. Auf diese Weise kann sie auf eine Teilhabe
hinwirken, in der sich die Vielfalt unserer Gesellschaft abbildet. Wir
verstehen Wissenschaftsfreiheit als Freiheit von Diskriminierung,
Ausschluss und Prekarisierung und damit als eine aktive Ermöglichung der
Produktion von Wissen, Forschung und Lehre der Vielen.
Um den Begriff der Wissenschaftsfreiheit nicht jenen zu überlassen, die
ihn aktuell als Kampfbegriff nutzen, möchten wir mit unserer Position
sehr bald online gehen. Das wird auf einer eigens dafür erstellten
Website geschehen, die sich dezidiert in die Debatte einmischen will:
Netzwerk-Wissenschaftsfreiheit.org.
Wir schreiben daher heute mit dem Aufruf zur Erstunterzeichung und
würden uns über eine Rückmeldung mit den jeweiligen Namen der Personen
freuen, die sich uns anschließen möchten.
Bitte antwortet mir bis zum 7.6.2021, damit wir mit den ersten
(möglichst zahlreichen) Namen online gehen können.
Wir freuen uns über Unterzeichnende aus allen Arbeitsbereichen und
akademischen Karrierestufen. Da wir außerdem die konventionelle
Signalwirkung von akademischen Titeln nutzen wollen, laden wir alle
Unterzeichnenden mit Titel ein, diesen zu verwenden.
Das Format: (Titel) (Vorname, Name), Organisation (z.b. Universität ##,
oder: Zentrum... Stiftung... Verlag...) oder: Freie Autorin/freier Autor
o.ä.; dazu wenn gewünscht das Fach.
Der nächste Schritt auf der Webseite wird sein, nicht nur dieses
allgemeine Statement gemeinsam zu veröffentlichen, sondern darüberhinaus
verschiedene fachspezifische Stellungnahmen zu veröffentlichen, die das
Thema Wissenschaftsfreiheit aus den jeweiligen Disziplinen oder weiteren
Perspektiven (Gender Studies, Critical Race Studies etc.) adressieren.
Hierzu werden wir nochmal gesondert einladen. Es ist aber auch jetzt
schon möglich, den vorliegenden kurzen Text als Gruppe, Verband etc. zu
unterschreiben.
Bei Interesse findet Ihr z.B. unter diesen zwei Links weitere
Informationen zu dem Diskurs um das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/debatte-um-die-freiheit-der-wissenschaft-mit-widerspruch.1005.de.html?dram:article_id=493556
https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=906012
Herzlich,
Eine Inititiative des Forum Antirassismus Medienwissenschaft
--
Prof. Dr. Sybille Bauriedl - Europa-Universität Flensburg - Abteilung
Geographie - Auf dem Campus 1 - 24943 Flensburg - T: 0461-805 2085 -
sybille.bauriedl at uni-flensburg.de
More information about the News
mailing list